In meinen bisherigen Artikeln aus der Reihe ,,Marke und Vorstand“ habe ich dafür geworben, dass der geschäftlichen Seite des Marken Managements auf höheren Unternehmensebenen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. In meinem ersten Artikel habe ich deshalb verschiedene Tipps gegeben, wie Markenmanager beim Vorstand Gehör finden, indem sie sich mehr auf die ,,Logik“ des Brand Managements konzentrieren und weniger auf die ,,Magie“ und kreativen Aspekte der Marke. Damit die Vorstände Entscheidungen darüber treffen können, was, wo und wie viel in die Marke investiert wird, ist es schließlich essenziell, dass die finanzielle Seite des Brandings im Vordergrund steht- was ich in meinem zweiten Artikel thematisiere. Im dritten Artikel dieser Reihe widme ich mich nun den Veränderungen in der Welt des Marken Managements.

Sind Sie neugierig, inwiefern Ihre Corporate Brand Identity die digitalen Anforderungen erfüllt?

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Wir leben in einer Zeit des beschleunigten Wandels, in der eins plus eins oft mehr als nur zwei ergibt. Ich sehe dabei drei Hauptbereiche, die den Wandel für Marken und die Kommunikation beschleunigen. Lassen Sie mich auf jeden dieser Bereiche eingehen, bevor ich die Konsequenzen daraus für die zukünftige Führung von Marken zusammenfasse.

1. Vier technologische Disruptionen in der Landschaft des Marken Managements

Ob Sie darauf vorbereitet sind oder nicht, Ihr Unternehmen wird disruptiven Veränderungen ausgesetzt sein, was sich auf alle Aspekte Ihrer Marke Managements auswirkt. Vier herausfordernde und gleichzeitig inspirierende Innovationen sind:

Künstliche Intelligenz (KI) & Machine Learning (ML)
Denken Sie an Services wie Google Now oder Amazon Recommendations: mit Angeboten von der sofortigen Datenanalyse bis hin zu prädiktiven Analysen ist künstliche Intelligenz schon jetzt im Gesundheitswesen und in der Verteidigung weit verbreitet. Unter der Führung von Technologieunternehmen wie ABB, Siemens und General Electric wird es auch in anderen Branchen immer häufiger eingesetzt. In Zukunft werden Sie mehr und tiefere Einblicke in die Art und Weise erhalten, wie Menschen mit Ihrer Marke interagieren. Dadurch werden Sie eine Vielzahl an Möglichkeiten haben, Ihre Marke zunehmend mit dem Alltagsleben Ihrer Kunden zu verweben.

Internet der Dinge (IoT)
Geräte werden digital miteinander verbunden sein. Die Wartung der Geräte erfolgt dadurch präventiv und wird durchgeführt, bevor Sie es merken, was zu deutlich weniger ungeplanten Ausfällen führt. Für Markeninhaber bedeutet dies, dass sich die Interfaces zur Interaktion mit dem Kunden ändern und die Customer Journey erneuert werden muss.

5G: die fünfte Generation mobiler Netzwerke
Die Bandbreite wird kein limitierender Faktor mehr sein für qualitativ hohe Kommunikation und Interaktion. Das hat immense Auswirkungen auf die User Experience (UX), etwa darauf, wie Ihre Kunden Ihre Marke wahrnehmen, Informationen sammeln und Ihre Produkte und Dienstleistungen kaufen.

"Der Aufstieg von VR und AR ermöglicht gänzlich neue kreative und multi-sensorische Erfahrungen mit Marken.“

Virtual, Augmented und Mixed Reality
Bald wird dies im Mainstream Geschäftsleben angekommen sein, auch wenn es derzeit noch ein Hype v.a. in der Gaming-Szene ist. Dann wird es auch für Ihre Marke relevant, da sich dadurch die Möglichkeiten für neue Customer Experiences radikal verändern werden. Stellen Sie sich zum Beispiel die Kosten für die Renovierung eines Autohauses vor und wie sich das ändert, wenn VR erst einmal ausgereift ist. Der Aufstieg von VR und AR ermöglicht gänzlich neue kreative und multi-sensorische Erfahrungen mit Marken.

2. Der Aufstieg der Corporate Citizenship als Impuls für Marken: untrennbarer Zusammenhang zwischen Profit und Zweck

Im Jahr 2019 veröffentlichte Larry Fink, Chairman und CEO von Blackrock, Profit and Purpose, seinen jährlichen Brief an CEOs. Herr Fink erklärte, dass es für Unternehmen nicht länger tragbar ist, sich nur auf die geschäftliche und finanzielle Leistung zu konzentrieren. Er argumentiert, dass die Nachhaltigkeit des Erfolgs einer Marke jetzt von ihrer ,,sozialen Lizenz“ abhängt – zum Beispiel von der Fähigkeit des Unternehmens, sich in die Umwelt und andere Stakeholder einzufühlen. In der internationalen Community der Unternehmenskommunikation ist dieses Denken rund um den Corporate Character keineswegs neu. Meine Kollegen von der A.W. Page Society haben diesen Ansatz seit Jahren verfolgt und entwickelt. Vor kurzem hat der Präsident der A.W. Page Society, Roger Bolton, sein neuestes und äußerst lesenswertes Buch zu ebendiesem Thema, ,, The New Era of the Chief Communications Officer, veröffentlicht.

"Es ist nicht länger tragbar, sich nur auf die finanzielle Leistung allein zu fokussieren.“

Neu ist, dass die anglo-amerikanisch dominierte Finanzwelt endlich betont, dass es mehr zu beachten gibt als isolierte Quartalsergebnisse. Aus dem Brief von Herrn Fink können Sie ableiten, dass Blackrock verstanden hat, dass es nicht länger ausreicht, sich allein auf die Unternehmensleistung zu konzentrieren. Ohne gute Beziehungen zu den Stakeholdern und ohne einen ,,Sense of Purpose“ wird ein Unternehmen nicht mehr in der Lage sein, langfristig Erfolg zu haben. Im Anschluss an diese Diskussion kam es im Herbst 2019 zum American Business Round Table, bei dem Meinungen von hohen Führungskräften veröffentlicht wurden, die diese Ansicht unterstützen.

3. Covid-19 als ein Beschleuniger für Marken?

Davon gehe ich aus. Es werden zwar nicht alle Veränderungen durch Covid-19 von langer Dauer sein. Doch es gibt mehrere Bereiche, in denen das Kaufverhalten der Menschen strukturell beeinflusst wird und das wird sich natürlich auch auf Ihre Marke auswirken:

Wir werden mehr von Zuhause aus kaufen
Da wir uns aktuell deutlich mehr Zuhause aufhalten, erleben wir in der westlichen Welt bereits eine signifikante Zunahme des Online-Kaufs. Wir werden in Zukunft noch mehr online kaufen und zwar hauptsächlich von zu Hause aus, wo Google, Amazon, Apple und Facebook auf uns warten und ein intuitives, nahtloses und äußerst bequemes Kauferlebnis anbieten. In Zukunft werden wir zu diesem Zweck auch immer mehr sprachgesteuerte Interfaces wie Google Assistant, Amazon Alexa und Apple Home nutzen, um Produkte und Dienstleistungen zu bestellen. Durch die Dominanz an der Kontaktstelle zum Nutzer erhalten diese Unternehmen einen massiven Einfluss auf den Kaufprozess innerhalb der Customer Journey. Für Markeninhaber bedeutet das, dass sie sich in den anderen Phasen der Customer Decision Journey steigern müssen.

Wir werden mehr auf die Herkunft unserer Produkte und Lebensmittel achten
COVID-19 hat seinen Ursprung in China. Dies hat langfristig zur Folge, dass wir in Zukunft verstärkt wissen wollen, woher unsere Produkte stammen. Wir werden es nicht mehr einfach akzeptieren, Lebensmittel zu einem möglichst niedrigen Preis zu essen und dabei nicht einmal zu wissen, woher sie kommen. Wir werden wissen wollen, wo genau unsere Lebensmittel hergestellt wurden und welchen Transportweg sie dabei genommen haben. Das bedeutet, wir werden von den Lieferanten künftig entlang der gesamten Lieferkette mehr Transparenz fordern. Bereits jetzt beginnen Unternehmen damit, Dienstleistungen zur Überwachung der kompletten Lieferkette anzubieten (My Story von DNVGL ist ein gutes Beispiel für die Lebensmittelbranche). Sie werden also darüber nachdenken müssen, wie Sie Änderungen in den organisatorischen Abläufen vornehmen können, aber auch über die Auswirkungen, die dies auf Ihre Brand Story hat.

ESG-Themen werden einen höheren Stellenwert für die Konsumenten einnehmen
Während ESG-Themen früher nur für die Minderheit der Käufer von Interesse waren, schätze ich nun, dass ihre Relevanz nach der COVID-19 Krise für die Mehrheit der Käufer deutlich steigen wird. Wir stehen vor einer Ära, in der ESG- und Nachhaltigkeitsthemen nicht mehr nur ein „Nice-To-Have“ sind, sondern zu einem wichtigen Teil des Geschäftslebens werden. Großangelegte Werbung, tolle Produkte oder niedrige Preise allein werden nicht mehr ausreichen, um Awareness zu generieren und daraus eine starke Präferenz abzuleiten. Kunden werden künftig absolute Transparenz rund um ihre gekauften Produkte fordern: woher die Produkte und Dienstleistungen stammen, ihr Einfluss auf die Umwelt, wofür genau Marken stehen und welchen konkreten Beitrag sie für die Gesellschaft leisten.

Das Ende von Hyperverbundenheit und JIT (Just-in-time)
Die Welt hat sich schnell daran gewöhnt, dass alles miteinander vernetzt und verbunden ist. Die aktuelle Krise hat uns nun aber die Kehrseite der Medaille offenbart, ganz besonders im physischen Sinne. Die Verwendung von möglichst billigen Produkten aus weit entfernten Orten wird der Vergangenheit angehören. Just-in-time ist seit Jahrzehnten die Standardmethode, um niedrige Lagerbestände, kurze Lieferzeiten und hohe Effizienz zu ermöglichen. Zu unser aller Leidwesen haben wir nun jedoch erkennen müssen, dass der Nachteil dieses hocheffizienten Modells darin besteht, dass eine Störung katastrophale Folgen nach sich zieht und etwa die fehlende Verfügbarkeit einer unbedeutenden Komponente die Fertigstellung des Gesamtprodukts und den endgültigen Vertrieb der Produkte verhindert. Als Folge davon wird die Beschaffung aus (zu) großer Entfernung im Hinblick auf langfristigen Erfolg künftig genau überdacht werden.

„Unwichtige“ Geschäftsreisen werden deutlich zurückgehen
Das Reisen ist ein weiterer Bereich, bei dem wir viel mehr nachdenken werden als bisher. Müssen wir bei einer Besprechung wirklich physisch anwesend sein oder könnten wir per Videoanruf genauso produktiv (oder vielleicht sogar produktiver) sein? Welche Auswirkungen hat dies auf das Erlebnis mit Ihrer Marke?

Paradigmenwechsel bei der Brand Governance
Ich verstehe, dass all diese Veränderungen sehr umfangreich sind, worauf läuft es also hinaus? Vorbei sind die Zeiten, in denen Unternehmen ihre Marke oder ihre Corporate Identity managen können, indem sie sie überall platzieren und sich letztlich mit ihrem Logo auf der ganzen Welt wiederfanden. Heute geht es bei der Markenführung darum, den Dialog zwischen Ihrem Unternehmen und Ihren verschiedenen Stakeholdern zu dirigieren. Es geht darum, das Richtige zu tun, weil es richtig, das Richtige zu tun, und dabei immer beweglicher zu werden. Also die organisatorische Fähigkeit zu entwickeln, schnell zu handeln, neuen Initiativen Raum zu geben, zu evaluieren und sich anzupassen.

"Heute geht es bei der Markenführung darum, den Dialog zwischen Ihrem Unternehmen und Ihren verschiedenen Stakeholdern zu dirigieren.”

Dank dieser Entwicklungen ist das Management Ihrer Marke viel interessanter, aber gleichzeitig auch viel komplizierter geworden. Die Ära der einfachen Steuerung, Kontrolle oder Verwaltung Ihrer Corporate Identity ist vorbei und wir befinden uns in der Ära, in der es um das Dirigieren Ihres Markenerlebnisses geht – wie bei einer komplexen Symphonie, die das Unternehmen und die verschiedenen Stakeholder miteinbezieht. Das Dirigieren eines Markenerlebnisses klingt einfach, ist es aber nicht. Es ist das gesamte Spektrum der Ausdrucksformen (Verhalten, Handlungen, verbale und nonverbale Kommunikation), die einen Eindruck davon vermitteln, wer Sie als Unternehmen sind und wofür Sie stehen. Um auf die Sichtweise der Page Society zurückzukommen: Es geht darum, wie Sie Ihren Unternehmenscharakter artikulieren und den Menschen vermitteln.

Diejenigen Marken, die gestärkt und für die Zukunft gerüstet aus der Covid-19 Krise hervorgehen wollen, müssen ihre Positionierung überdenken bevor sie damit anfangen, diese über alle Touchpoints und Kanäle hinweg effektiv, effizient und nachhaltig mit neuem Leben zu füllen. Dazu gehört auch sich, wo nötig, zu verändern, um strategischen Herausforderungen und Bedürfnissen der Zielgruppe besser gerecht zu werden. Beim neuen Brand Governance Paradigma geht es darum, ein kohärentes Markenerlebnis über eine Vielzahl an Kanälen und Touchpoints hinweg zu dirigieren – eine äußerst facettenreiche und komplexe Aufgabe, die mehr Planung und Vorbereitung erfordert als jemals zuvor!

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