In meinen früheren Artikeln aus der Reihe ,,Marke und Vorstand“ habe ich dafür plädiert, dass in den höheren Unternehmensebenen mehr Aufmerksamkeit auf die geschäftlichen, finanziellen und organisatorischen Seiten des Brand Managements gelegt werden sollte. In meinem ersten Artikel habe ich einige Tipps gegeben, wie sich Markenmanager in der Vorstandsetage Gehör verschaffen können, indem sie sich mehr auf die ,,Logik“ der Markenführung konzentrieren, anstatt nur auf die ,,Magie“ (Kreativität) hinter der Marke. Damit Vorstände Entscheidungen darüber treffen können, was, wo und wieviel in die Marke investiert werden soll, ist es wichtig, die Finanztechnik rund um die Marke zu verstehen – darüber habe ich in meinem zweiten Artikel gesprochen. Im dritten Artikel der Serie habe ich meine Vision für die Zukunft der Kommunikation und des Brandings vorgestellt. In meinem vierten Artikel tauche ich nun tiefer in die Frage ein, warum es jetzt an der Zeit ist, Markenarchitektur und Brand Management zu vereinfachen.

Sie wollen eine Vereinfachung Ihrer Markenarchitektur?

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Da immaterielle Vermögenswerte wie die Marke fast 20%* der Marktkapitalisierung der größten Unternehmen der Welt ausmachen, wissen kluge Akteure, dass langfristiges Wachstum auch davon abhängt, wie gut die Marke(n) eines Unternehmens genutzt werden, um strategische Ergebnisse zu erzielen. Deshalb ist die Vereinfachung von Marken ein Thema, das für die meisten führenden Marken der Welt heute ganz oben auf der Agenda steht.

Was ich mit Vereinfachung der Marke meine

Vereinfachung der Marke bedeutet, mehr und mehr zu einer Ein-Marken-Strategie (Branded House) überzugehen oder das Markenportfolio stärker aufeinander abzustimmen. Es ist ein Weg, die Markenabläufe zu straffen und zu vereinfachen, die Organisation Ihrer Marke effizienter, effektiver und transparenter zu gestalten und dabei zu helfen, die operativen Ausgaben zu reduzieren sowie die internen Prozesse und die Gesamtleistung der Marke zu verbessern. Es ermöglicht Unternehmen ein neues Level der Geschwindigkeit und Skalierung bei sämtlichen Anstrengungen rund um die Marke, was für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und Agilität unerlässlich ist.

Ich bin mir bewusst, dass es Unternehmen gibt, für die eine Vereinfachung nicht funktioniert – die Strategie, der Markt oder das Geschäftsmodell erlauben es möglicherweise nicht. Dennoch ist jetzt die Zeit, ernsthaft darüber nachzudenken, was eine Vereinfachung für Ihr Unternehmen bedeuten könnte. Denn Covid-19 zeigt deutlich, dass die Herausforderungen, mit denen Marken konfrontiert sind, immer komplexer werden, was den Wert, den eine Vereinfachung potenziell bieten könnte, in den Fokus rücken lässt.

"Denn Covid-19 zeigt deutlich, dass die Herausforderungen, mit denen Marken konfrontiert sind, immer komplexer werden."

Ist die Vereinfachung der Markenarchitektur immer eine gute Idee?

Nein, definitiv nicht. Es kann unterschiedliche Gründe gegen eine Vereinfachung geben, aber meistens gibt es zwei Hauptkategorien:

1. Aus der Perspektive der Marktsegmentierung gesehen können Marken mit einer starken, einzigartigen Differenzierung viel klarer und direkter mit wichtigen Zielgruppen kommunizieren, was zu höherem Engagement und höherer Konversion führt. Wenn sich dies in höheren Margen niederschlägt, sollte man vorsichtig dabei sein, eine solche Marke zu vereinheitlichen, nur damit sie in die eigene Markenarchitektur passt.

2. Aus der Perspektive des Risikomanagements: Wenn Produkte oder Dienstleistungen innerhalb der gleichen Markenarchitektur verschiedene Gruppen ansprechen, sollte eine Vereinheitlichung sorgfältig bedacht werden. Wir haben beispielsweise schon mehrfach erlebt, dass Produktrückrufe eines Unternehmens mit anderen Bereichen desselben Unternehmens in Verbindung gebracht wurden und sich dies negativ auf deren Ruf auswirkte.

Wie erhöhte Transparenz die Nachfrage nach Vereinfachung beeinflusst

Wir erleben eine erhöhte Transparenz, die vorangetrieben wurde durch die zunehmende Digitalisierung und ein gesellschaftliches, kundengetriebenes Streben nach mehr Verständnis darüber, wer hinter einer Marke steht. Dies wird sehr deutlich, wenn man sich den enormen Anstieg der Relevanz der nichtfinanziellen Leistungsberichterstattung ansieht, die derzeit in vielen ESG-Regelungen (Environmental, Societal and Governmental) festgelegt ist. Obwohl noch nicht klar ist, welcher Berichtsrahmen sich hier durchsetzen wird, impliziert diese Entwicklung, dass es immer schwieriger wird, Marken getrennt zu halten, da die Menschen mehr Transparenz von Organisationen fordern und über leistungsfähigere (digitale) Tools verfügen, mit denen sie Zusammenhänge zwischen Marken leichter erkennen.

Es geht um mehr als nur Produkte und Dienstleistungen

Traditionell haben wir die Vereinfachungen von Marken in Bereichen gesehen, in denen Unternehmen ihre globale Präsenz demonstrieren wollten. Wir haben diesen Trend zum Beispiel in der Telekommunikations-, Banken- und Logistikbranche gesehen (Unternehmen wie HSBC, ING, Vodafone, Deutsche Telekom, Fedex). Im Tech-Sektor sehen wir dies auch bei den Big Four (Apple, Amazon, Google und Microsoft), die an der Vereinfachung ihrer Markenarchitektur arbeiten, getrieben von der Notwendigkeit, verständlich zu kommunizieren. Im Fall von Facebook vielleicht sogar deshalb, um den Eindruck einer derart verflochtenen Organisation zu erwecken, die nur schwer aufzulösen wäre.

"Für das Employer Branding liegt ein großes Plus in der Vereinfachung der Marke."

Für das Employer Branding liegt ein großes Plus in der Vereinfachung der Marke, da die meisten Mitarbeiter bereits Teil des größeren Ökosystems hinter einem Portfolio von Produkten und Dienstleistungen sind und auch zunehmend ihre Meinung über soziale Medien kommunizieren, was die Komplexität und Verwirrung erhöht, wenn sie nicht durch die Vereinfachung der Marke gut aufeinander abgestimmt sind.

Mit weniger mehr erreichen

Jede einzelne Marke erfordert ein eigenes Marketingbudget und zugewiesene Ressourcen, d. h. Marketing- und Kommunikationsteams. Ein großer Treiber für die Vereinfachung kommt deshalb von den Entscheidungsträgern in den Unternehmen. Denn weniger Marken bedeuten weniger Ausgaben oder mehr Geld, das für die gleichen Ziele und Aktivitäten rund um die Marken zur Verfügung steht. Einen weiteren Vorteil der Markenvereinfachung sieht man bei der Betrachtung aus organisatorischer Perspektive: Jedes Unternehmen verfügt über eine Vielzahl an Tools, um die verwendeten Touchpoints und Kommunikationskanäle entlang der Customer Journey der jeweiligen Marke aus dem Portfolio auszurichten. Diese können wesentlich effektiver (um nicht zu sagen günstiger) eingesetzt werden, wenn sie rationalisiert und besser aufeinander abgestimmt werden.

"Denn weniger Marken bedeuten weniger Ausgaben oder mehr Geld, das für die gleichen Ziele und Aktivitäten rund um die Marken zur Verfügung steht."

Zusammenfassung

Eine Vereinfachung der Markenarchitektur und des Brand Managements schafft Wert auf nahezu allen Ebenen. Angesichts der Anzahl von Unternehmen, die diesen Prozess bereits in Angriff genommen haben, scheint es, dass die Geschäftswelt dem zustimmt. Grundsätzlich fördert die Vereinfachung die Harmonisierung der Erfahrungen, die Marken ihren Stakeholdern, insbesondere den Kunden, liefern. Die kombinierte Kohärenz des Markenerlebnisses ermöglicht es Unternehmen, tiefere und stärkere Verbindungen zu schaffen, die sich in Markentreue und einer positiven Haltung der Marke gegenüber niederschlagen. Die Vereinfachung der Marke ist daher ein wichtiger Mechanismus, um operative Ausgaben zu reduzieren, interne Prozesse zu straffen und die Gesamtleistung der Marke zu verbessern – höchst wünschenswerte Ergebnisse für jedes Führungsteam.

* Brand Finance (2018)

Lesen Sie mehr im Leitfaden:

Vereinfachung der Markenarchitektur

Verstehen Sie, welche Kräfte eine Vereinfachung der Markenarchitektur vorantreiben und beschleunigen. Mit Erfahrungsberichten von Accenture, Getinge & Atos.

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