Aus betriebswirtschaftlicher Sicht lassen sich im Hinblick auf die Unternehmensstrategie vier Arten von Marken definieren: ProfitOnly, ImpactOnly, ImpactFirst und ProfitFirst. Ein Verständnis der Unterschiede zwischen diesen Markentypen ist für die Entwicklung Ihrer Geschäftsstrategie von entscheidender Bedeutung. Es hilft Ihnen herauszufinden, welche Art von Marke Ihre Organisation ist oder sein möchte. 

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Die Marke ist der wertvollste immaterielle Vermögenswert eines Unternehmens. Durchschnittlich macht die Marke etwa 20% des Wertes der 500 weltweit führenden Unternehmen aus. Nach Aussage des Marktforschungsunternehmens Millward Brown macht die Marke 30% des Börsenwerts eines Unternehmens im S&P-Index aus. Daher ist es wichtig, die Markenstrategie in Zusammenhang mit der Geschäftsstrategie eines Unternehmens zu betrachten. Hinsichtlich „Purpose“ und „Branding“ stellen wir jedoch fest, dass sich viele Firmen noch immer mit dieser Thematik schwertun. 

Infolge der Pandemie haben wir gelernt, dass der Erhalt einer Organisation nach wie vor von der Gewinnerzielung abhängt. So erfreulich und erstrebenswert der Anstieg von Marken und Organisationen mit einem „sozialen Purpose“ auch ist, ist es doch übertrieben zu behaupten, dass starke Marken ohne ein solches gesellschaftliches Ideal heute nicht mehr existieren oder entstehen können. 

Die Notwendigkeit der unternehmerischen Perspektive 

Wenn von Branding die Rede ist, assoziieren viele Menschen den Begriff mit Kreativität: eine aufsehenerregende Fernsehkampagne, ein cooles Design, ein origineller Markenname oder ein starkes Logo. Die unternehmerische Seite der Markenbildung wird dabei jedoch allzu oft übersehen. Eine starke Marke ist die Erweiterung der Geschäftsstrategie, der Dirigent eines Orchesters mit einer unvergleichlichen Auswahl an Instrumenten. Kurz gesagt: das Konzept, das das Geschäft antreibt. 

"Eine starke Marke ist die Erweiterung der Geschäftsstrategie, der Dirigent eines Orchesters mit einer unvergleichlichen Auswahl an Instrumenten."

Wenn wir die Markenstrategie im Kontext der Unternehmensstrategie einer Organisation betrachten, lautet die entscheidende Frage: Wie ist die Beziehung zwischen dem Geschäftsmodell und einerseits der Unternehmensstrategie und andererseits der Markenstrategie und dem Markenzweck? Gerade in Zeiten, in denen die Erhaltung der Kontinuität eines Unternehmens von höchster Priorität ist, ist dies wichtiger denn je.

Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Markenführung auch aus einer unternehmerischen Perspektive zu betrachten. Wenn wir dies tun und Marken nach dem Zusammenhang ihrer Geschäftsstrategie und ihres Markenzwecks ordnen, können wir die vier oben beschriebenen Markentypen erkennen. Diese Klassifizierung erleichtert sowohl die Interpretation einiger erstaunlicher aktueller Entwicklungen als auch die richtige Einordnung dieser.  

Lassen Sie uns zunächst einen genaueren Blick auf die vier Markentypen werfen. 

Profit-only Brands

Profit-Only Brands sind Marken, die nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung arbeiten. Dieses Prinzip bildet die Grundlage der Ausbildung vieler Manager und Unternehmer, die an renommierten Business Schools studiert haben. Diese Marken glauben, dass die Gewinnmaximierung für die Aktionäre die einzige treibende Kraft eines Unternehmens ist. 

Abgesehen von unumgänglichen Steuern und der Schaffung von Arbeitsplätzen leisten solche Organisationen wenig oder gar keinen proaktiven Beitrag zur Gesellschaft. Da sie sich zwischen den Grenzen des Legalen und Möglichen bewegen, ist es oft schwer zu erkennen, welche Marken zu dieser Kategorie gehören – umso mehr, wenn diese Marken dies nicht besonders deutlich kommunizieren. Diese Marken erwecken oft den Eindruck, dass sie einen sozialen Beitrag leisten, obwohl das in Wirklichkeit nicht der Fall ist. Diese Unternehmen sind allein auf den Gewinn fixiert. 

Wir stellen fest, dass Profit-Only Brands schnell den Respekt der Verbraucher verlieren. Deshalb haben immer mehr Marken und Organisationen erkannt, dass dies keine nachhaltige Geschäftsstrategie ist, und bewegen sich zunehmend in Richtung Profit-First Brands. 

COVID hat uns gelehrt, dass die Unterstützung rein gewinnorientierter Marken und Organisationen, welche sich nur auf die Gewinnmaximierung konzentrieren, immer mehr zurückgehen wird. Dennoch florieren diese Marken und Organisationen, sowohl mit als auch ohne viel purpose washing„, weiterhin durch dieses Geschäftsmodell. 

Impact-only Brands

Am anderen Ende des Spektrums befinden sich Marken, die aus einem höheren Ideal heraus entstanden sind. Diese Organisationen verfolgen ein höheres Ziel, z. B. die Heilung einer Krankheit oder die Bekämpfung sozialer Missstände wie Armut, Hunger oder Kinderausbeutung. Diese Marken sind dafür bekannt, dass sie sich für bestimmte Werte stark machen und leidenschaftliche Anhänger haben. Beispiele solcher Impact-Only Brands sind War Child, UNICEF, KWF, WNF und das Rote Kreuz. Diese Marken konzentrieren sich ausschließlich auf die Verbesserung des Gemeinwohls und der Lebensbedingungen Dritter, auch bekannt unter dem Begriff „social impact„. Gewinnerzielung gehört nicht zu ihren Zielen und taucht auch nicht in ihrem Geschäftsmodell oder Vokabular auf, denn allein die soziale Auswirkung ihrer Arbeit steht im Mittelpunkt und ist der Beweggrund ihres Handelns. 

Impact-Only Brands finanzieren sich durch Spenden und Fördermittel und richten sich im Wesentlichen an zwei Zielgruppen: Ihre ideale oder interessierte Zielgruppe und die Gruppe, die das Ziel finanziert. Eine starke Marke ist für diese Art von Organisationen von entscheidender Bedeutung. Sie sorgt dafür, dass die Beweggründe der Organisation und der Grund, warum sie finanzielle Unterstützung benötigt, spürbar und bekannt sind. Auch wenn es bei Impact-Only Brands ausschließlich um die soziale Wirkung und nicht um die Gewinnerzielung geht, lassen sich hier Entwicklungen erkennen. 

In den vergangenen Jahren haben diese Marken auch erkannt, wie wichtig es ist, eine Markenorganisation auf der Grundlage von Geschäftsprinzipien zu schaffen.  

Sie bewegen sich in Richtung einer kommerzielleren, gewinnorientierten Orientierung. Dies kann als positiv angesehen werden. Denn je effektiver das eingenommene Geld eingesetzt wird, desto größer ist die soziale Wirkung. 

Impact-first Brands

Dies ist die neue Avantgarde, die den Wandel zur „Purpose Economy“ anführt. Es sind Unternehmen, die mit ihren Geschäften einen guten Zweck verfolgen, und nicht nur das Monetäre. Impact-First Brands suchen nicht nach der Marktlücke. Sie suchen nach einer Lücke in der Gesellschaft. Impact-First Brands arbeiten jedoch nicht nur für eine bessere Welt, sie erzielen auch einen Gewinn. Allerdings ist der Gewinn ein Mittel und kein Zweck. Die soziale Komponente hat für sie oberste Priorität. Denn dafür wurden diese Marken schließlich geschaffen. Diese soziale oder nachhaltige Mission ist der Ausgangspunkt aller Geschäftsaktivitäten von Impact-First Brands. Diese Marken erreichen erfolgreich soziale und nachhaltige Ziele mit einem kommerziellen Geschäftsmodell, das unabhängig von Zuschüssen oder Spenden ist. Sie haben eine echte „soziale Wirkung“ und stellen dies stets in den Vordergrund – Marken wie Greystone Bakery, The Body Shop, Fairphone und Tony’s Chocolonely. 

Die gute Nachricht ist, dass immer mehr dieser Marken auftauchen. Sie sind in verschiedenen Bereichen tätig, z. B. Klimawandel, saubere Energie, Circular Economy und Ökoprodukte. Sie sind aber auch im sozioökonomischen Bereich tätig: Armutsbekämpfung, Zugang zum Arbeitsmarkt, fairer Handel und sozialer Zusammenhalt. Und immer häufiger auch in den Bereichen Pflege, Bildung und Kultur. Wie bei anderen starken Marken steckt auch hier immer ein sozial motivierter Unternehmer dahinter. 

So wie Marcel Belt, ehemaliger Marketing Manager bei Unilever, Douwe Egberts und Reckitt Benckiser und jetzt Chief Soap Officer seiner eigenen Firma Green Soap Company. Die Marke Marcel’s Green Soap“ ist für ihre 100% pflanzlichen Inhaltsstoffe und ihre zu 100% recycelbaren Verpackungen bekannt. 

Die Annahme, Nachhaltigkeit könne nicht rentabel sein, sei laut Belt ein Mythos.  

Er erklärt: „Nachhaltigkeit kann und muss rentabel sein. Man muss sicherstellen, dass man ein Wertversprechen hat, das für die Verbraucher relevant ist und für das sie bereit sind, zwei oder drei Euro auszugeben. Die Kunden sagen mir oft: ‚Wow, das ist sehr billig‘, anstatt zu sagen: ‚Wow, das ist so teuer‘. Trotzdem ist meine Marke zwei- oder dreimal so teuer wie eine Flasche, die man bei Lidl kaufen kann. Nur wenn Nachhaltigkeit sowohl für die Verbraucher als auch für die Gesellschafter und Investoren interessant ist, wird sie wachsen.

„Die Anzahl der Unternehmer, die sich von Profit-Brands zu Impact-First Brands bewegen, nimmt zu.“

Eine weitere interessante Entwicklung, die wir hier beobachten, ist die steigende Zahl von Unternehmern, die sich von Profit Brands zu Impact-First Brands bewegen. Das bedeutet, dass Unternehmer vermehrt die Geschäftsprinzipien der Profitmarken-Umgebung auf ein neues Umfeld übertragen. 

Ein Beispiel dafür ist Sandra Balij, die nach einer Karriere im Bankenwesen die sozialen Marken Ctaste, CtheCity, Ctalents und die Sign Language Coffee Bar gegründet hat. Ctalents ist eine Arbeitsagentur für Menschen mit sensorischen Einschränkungen. Sie schulen und coachen blinde, sehbehinderte und hörgeschädigte Menschen und vermitteln sie anschließend an Unternehmen. 

Balijs Leidenschaft für zweckorientierte Marken und soziales Unternehmertum begann, als sie das Restaurant Ctaste in Amsterdam eröffnete. Bei einem Besuch im Ctaste isst man im Dunkeln und wird von Menschen bedient, die alles über die Dunkelheit wissen: Blinde und Sehbehinderte. Ihre jüngst eingeführte Purpose Brand ist die Sign Language Coffee Bar. Dies ist eine Kaffeebar, in der Sie von gehörlosen Baristas bedient werden und Ihren Kaffee in Gebärdensprache bestellen. 

Impact-First Brands erhalten viel Medienaufmerksamkeit; sie scheinen den Markt in letzter Zeit rasch zu erobern. Die meisten dieser Unternehmen sind jedoch noch jung und befinden sich in der Anfangsphase ihrer Entwicklung. Sie stellen nach wie vor nur einen relativ kleinen Teil der Geschäftswelt dar. Diese Impact-First Brands zeigen aber, dass es eine Alternative zu einem rein gewinnorientierten Unternehmen gibt. Es geht auch anders, und es geht auch besser! 

Profit-first Brands

Bei Profit-First Brands handelt es sich häufig um Marken und Organisationen, die – bis vor kurzem – hauptsächlich auf Gewinn ausgerichtet waren. Die Erzielung einer soliden Rendite steht für diese Marken immer noch an erster Stelle, ist jedoch nicht mehr ihr einziger Fokus. Dies sind die gängigen Marken, die wir alle seit Jahren kennen, wie etwa Philips, Heineken, Bavaria, Coca-Cola, Pampers, Apple, Google, AkzoNobel und so weiter. Zu dieser Kategorie gehört auch der französische Bäcker und Konditor Fournil, der Baguettes und Kuchen herstellt, für die Kunden bereit sind, überdurchschnittlich viel zu bezahlen und dafür auch noch Schlange zu stehen. 

Profit-First Brands haben ein klares Kundenwerteversprechen, das einen Mehrwert für sie schafft. Diese Marken sind nicht aus einem höheren Ideal oder einer sozialen Mission heraus entstanden und sind in erster Linie darauf ausgerichtet, Gewinne zu generieren. Wir stellen jedoch zunehmend fest, dass sich solche Marken und Unternehmen nicht mehr allein auf die Gewinnerzielung konzentrieren. Stattdessen blicken diese Profit-First Brands zunehmend über die kurzfristige Gewinnmaximierung hinaus. Das bedeutet aber nicht, dass die Gewinnerzielung nicht im Vordergrund steht. Schließlich garantiert eine gute Rentabilität das nachhaltige Überleben des Unternehmens und seiner Marke(n). 

Profit-first bedeutet aber auch, dass diesen Marken durchaus bewusst ist, dass sie neben dem Gewinn auch Werte für ihre anderen Stakeholder schaffen können und müssen, etwa für ihre Mitarbeiter oder das lokale Umfeld, in dem sie tätig sind. Sie haben verstanden, dass sie nicht länger als isolierte ökonomische Einheiten agieren können, die sich nicht mit den allgemeinen Problemen der Gesellschaft auseinandersetzen. Profit-First Brands erkennen, dass sie mit ihrer Expertise, ihrer Größe und ihren Ressourcen auch die Chance haben, einen aktiven und positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, und dass sie dadurch erhebliche Wettbewerbsvorteile erzielen können, die zu einer soliden Unternehmensrendite beitragen. Diese Entwicklung basiert auf dem ökonomischen Prinzip „Creating Shared Value“, das Michael Porter vor einigen Jahren eingeführt hat. 

Creating Shared Value“ geht weit über das bekannte Konzept der Corporate Social Responsibility (CSR) hinaus. Es geht davon aus, dass Unternehmen Wirtschafts- und Wettbewerbsvorteile schaffen und gleichzeitig die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen ihrer Umgebung verbessern können, um so Werte für alle Beteiligten zu schaffen. 

Die Motivation von Profit-First Brands, über den reinen Profit hinaus zu denken, beruht daher nicht nur auf einer aufrichtig empfundenen moralischen Verpflichtung, sondern auch auf einem gesunden Eigeninteresse. Sie resultiert auch aus dem gestiegenen Bewusstsein, dass Marken und Organisationen nur dann nachhaltig florieren können, wenn sie für alle Beteiligten, einschließlich des Ökosystems und der Umwelt, in der sie tätig sind, einen Wert schaffen. Infolge dieser Entwicklung hat die Aufmerksamkeit für den Markenzweck und das Purpose Marketing auch unter herkömmlichen Marken und Organisationen exponentiell zugenommen. 

Auch interessant ist, dass das Creating Shared Value“ Prinzip – in gewissem Maße – schon seit langem in Familienunternehmen praktiziert wird. Die Führung eines Familienunternehmens erfolgt häufig nach dem sogenannten Stewardship Prinzip, d. h. die aktuelle Generation hat das Unternehmen von den nachfolgenden Generationen geliehen. Auch wenn eine gute Profitabilität für Familienunternehmen von großer Bedeutung ist, so hat doch die Aufrechterhaltung des Unternehmens und seine Weitergabe an die nächsten Generationen oberste Priorität. Auch das Engagement in der Region ist in Familienunternehmen schon immer stark ausgeprägt, da die Mitarbeiter aus der Umgebung stammen. Aus diesem Grund werden Entlassungen aus Profitabilitätsgründen meist so lange wie möglich vermieden. Wenn es aber sein muss, dann muss es sein, sonst ist das Überleben des gesamten Unternehmens gefährdet. Und das wäre letztlich für alle Beteiligten und für die künftige Generation noch schlimmer. 

Drei unterschiedliche Konzepte 

Es lässt sich also festhalten, dass sich die verschiedenen Markenkategorien aufeinander zubewegen. Dennoch ist es für die Entwicklung einer Marken- und Geschäftsstrategie hilfreich, den Unterschied zwischen den einzelnen Kategorien genau zu kennen. Die Klassifizierung von Marken auf der Grundlage des Unternehmensmodells hilft auch dabei, den Unterschied zwischen Purpose Brands, Brand Purpose und Purpose Marketing zu erkennen. 

Brand purpose

Ein Brand Purpose dreht sich um das Ziel, die Vision und die Kernwerte einer Marke. Schließlich ist es das Markenkonzept, das das Unternehmen antreibt. Ein inspirierender Markenzweck gibt den Zielen, dem Verhalten und den Entscheidungen eine Richtung. Er spiegelt neben dem finanziellen Verdienst auch die Existenz der Marke wider. Wofür steht die Marke? Aus welchem Grund wurde die Marke oder das Unternehmen gegründet? Er ist der Kompass, mit dem Sie den Kurs bestimmen. Jede Marke oder Markenorganisation dürfte einen Markenzweck haben. 

Purpose brands

Wenn Ihre Marke geschaffen wurde, um die Welt zu verbessern, ist es natürlich logisch, dass im Mittelpunkt der Vision, der Kernwerte und somit des Markenzwecks das zu lösende gesellschaftliche Problem steht. Schließlich ist das höhere Leitbild in der DNA Ihrer Marke und Ihres Unternehmens verankert. Meiner Meinung nach sind dies die einzigen Marken, die wir berechtigterweise als Purpose Brands mit einem großen „P“ bezeichnen können. Wir nennen sie oft auch Social Purpose Brands oder Social Impact Brands. Theoretisch unterscheiden wir also zwei Arten von Purpose Brands: Die philanthropischen Impact-Only Brands und die Impact-First Brands, die neben der sozialen Wirkung auch versuchen, eine gesunde Kapitalrendite zu erzielen. 

Purpose marketing

Marken und Organisationen, die nicht primär aus einem höheren gesellschaftlichen Ideal heraus entstanden sind, sondern z.B. aus einem Verbraucherbedürfnis, einer Marktlücke, einer spezifischen Kompetenz oder technologischen Erfindung, sind also keine Purpose Brands. Dennoch stellen wir fest, dass diese Marken in den letzten Jahren zunehmend im Purpose Marketing aktiv geworden sind. 

Ein Pionier auf diesem Gebiet war die Modemarke Benetton, die mit ihren tabubrechenden und kontroversen Werbekampagnen bereits Ende des letzten Jahrhunderts für Vielfalt stand. Damals war es vor allem eine geschickte Kampagne, die mit relativ geringen Mitteln die weltweite Markenbekanntheit und den Verkauf steigerte. Dies ist ein perfektes Beispiel für Purpose Marketing. Purpose Marketing ist im Grunde eine Marketingtaktik, die ein bestimmtes Verkaufs-, Kommunikations- oder Aktivierungsziel erreicht, indem sie einen positiven Beitrag zum Gemeinwohl leistet. 

Inspiriert durch das rasche Aufkommen von mehr und mehr Purpose Brands und die Ideen der ökonomischen Creating Shared Value Theorie wird deutlich, dass Purpose Marketing heute populärer denn je ist und, dass viele Marken und Organisationen von Profit-Only zu Profit-First übergegangen sind. Viele dieser Profit-First Brands haben sogar positive soziale Beiträge in ihren Brand Purpose aufgenommen. Auf diese Weise nutzen diese Marken Purpose Marketing nicht nur als Taktik. Damit allein sind sie aber noch nicht zu Purpose Brands geworden. 

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Offenbar sehen Profit-First Brands eher den Vorteil des Creating Shared Value. Sie binden auch Elemente, die auf eine positive soziale Wirkung ausgerichtet sind, in ihre Geschäfts- und Markenstrategie ein. Ein solcher Markenzweck ist nicht nur für Kunden und Verbraucher wichtig, er gibt auch den Mitarbeitern Orientierung und Inspiration – etwas, das gerade für die jüngeren Generationen immer wichtiger wird. Das allein ist schon eine gute und schöne Entwicklung. Schließlich haben große Unternehmen und Marken die Größe und die Mittel, um in der Gesellschaft wirklich etwas zu bewirken. 

Schaffung eines glaubwürdigen Brand Purpose  

Doch ein Markenzweck kann nicht nur gut sein, er muss auch glaubwürdig sein. Und im Fall von gewinnorientierten Profit-First Brands stellt dies immer noch eine Herausforderung dar. Denn für Profit-First Brands steht letztlich immer noch die Gewinnerzielung und nicht die soziale Wirkung im Vordergrund. Deshalb ist es wichtig, bei der Formulierung des Brand Purpose nicht zu übertreiben und sicherzustellen, dass dieser konkret ist und in direktem Zusammenhang mit dem Mehrwert und dem Leistungsversprechen der Marke steht. 

„Einfach nur zu behaupten, für eine bessere Welt zu existieren, ist bei einer rein gewinnorientierten Marke nicht glaubwürdig.“

Die bloße Behauptung, für eine bessere Welt zu handeln, ist bei einer gewinnorientierten Marke wenig überzeugend. Der Markenzweck einer Profit-First Brand muss sich auf das beziehen, was sie als Marke besonders gut kann und womit sie daher Geld verdient. Der Markenzweck verbindet diese Kernkompetenzen mit den Bedürfnissen des Marktes und der Gesellschaft. 

Aus diesem Grunde stand die Rabobank bei der Einführung ihres neuen Markenzwecks, als soziale Bank an der Lösung des weltweiten Nahrungsmittelproblems mitzuwirken, in der Kritik. Infolge der Kampagne Growing a better world together wurde der Rabobank vorgeworfen, sie würde es mit ihrem Markenzweck übertreiben. Offensichtlich wurde nicht ausreichend verdeutlicht, dass der Ursprung dieser Ambition in Rabobanks außergewöhnlich starken Position im globalen Lebensmittel- und Agrarsektor liegt und dass sie einen bedeutenden Beitrag zur globalen Verbesserung der Lebensmittel- und Agrarproduktion und -verarbeitung leistet. 

Infolge der strategischen Unternehmensentscheidung von Philips, seinen Schwerpunkt von Bügeleisen und Rasierapparaten, Fernsehern und Glühbirnen auf medizinische Geräte zu verlagern, hat sich auch ein neuer Brand Purpose ergeben. Der neue Markenzweck von Philips zeigt deutlich, worin das Unternehmen gut ist (oder gut sein möchte), womit es Geld verdienen möchte und auch, wie es zur Gesellschaft beiträgt: Bei Philips streben wir danach, die Welt durch Innovation gesünder und nachhaltiger zu machen. Unser Ziel ist es, bis 2030 das Leben von 3 Milliarden Menschen pro Jahr zu verbessern. Die Stärke dieses Markenzwecks ist nicht nur das Ziel, sondern auch die Art und Weise, wie Philips dieses Ziel erreichen will (durch die Herstellung innovativer medizinischer Geräte), als Teil des Markenzwecks. Das macht ihn konkret und glaubwürdig. 

Das Gleiche gilt für den Markenzweck von IKEA, der fast so alt ist wie die Marke selbst. IKEA sagt nicht nur, dass sie ein besseres Leben für so viele Menschen wie möglich schaffen wollen; sie verdeutlichen auch, dass sie dies tun, indem sie eine breite Palette von Einrichtungsprodukten mit schönem Design, guter Funktionalität und Qualität zu so niedrigen Preisen anbieten, dass die Mehrheit der Menschen sie sich leisten kann. 

Kurz gesagt, müssen bei Profit-First Brands die Positionierung und das Versprechen der Marke und vorzugsweise auch entsprechende Belege Teil des Markenzwecks sein – oder unmittelbar und klar mit diesem verbunden sein. So wie der neue Markenzweck von ING: Empowering people to stay a step ahead in life and in business by making banking frictionless to the world. 

Dieser Purpose lässt sich direkt aus der Geschäftsstrategie Think Forward der ING ableiten. Demnach will ING den Menschen einen Vorsprung verschaffen, indem sie ihnen ein ausgezeichnetes Nutzererlebnis bietet, das intelligent, einfach und persönlich ist, damit sie ihre Bankgeschäfte mit minimalem Aufwand und maximaler Einfachheit erledigen können – eine Art Vorsprung durch innovative Banktechnologie. Mit diesem sehr konkreten Markenversprechen scheint sich ING als Audi unter den Banken zu positionieren. Der soziale Beitrag ist etwas weniger konkret, aber nicht zu ambitioniert. 

Die Bedeutung eines starken Werteversprechens und der Markenpositionierung 

Der Markenzweck spielt bereits eine große Rolle bei der Entwicklung der Geschäfts- und Markenstrategie. Ein inspirierender Markenzweck ist das Konzept, das das Unternehmen antreibt. Wir müssen uns jedoch darüber im Klaren sein, dass für Profit-First Brands neben dem sozialen Engagement auch das Markenversprechen und die Positionierung der Marke entscheidend sind. Nicht jede Profit-First Brand kann – und muss – sich auf der Grundlage eines sozialen Beitrags positionieren. 

Denn auch wenn die Purpose-Propheten vielleicht ein wenig vorschnell sind, bewegen wir uns rasch darauf zu, einen sozialen Beitrag für Marken mehr oder weniger zu einem Hygienefaktor zu machen. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass dies kein entscheidender Faktor mehr sein wird. Und wenn am Ende alle Profit-First Brands mehr zu einer besseren Welt beitragen, wird es wichtig sein, dass sich Marken weiterhin gut positionieren können, basierend auf einem klaren Differenzierungswert, einer ansprechenden Emotion oder z.B. der Wahl einer bestimmten Zielgruppe. 

Kurz gefasst 

Purpose Marketing ist eine operative Marketingtaktik, die es Ihnen ermöglicht, ein bestimmtes Verkaufs-, Kommunikations- oder Aktivierungsziel zu erreichen, indem Sie einen positiven Beitrag zur Welt leisten. Es ist also nicht dasselbe wie ein Brand Purpose. Ein Brand Purpose ist der Kompass einer Markenorganisation. Allein, dass Sie einen Purpose haben, heißt jedoch nicht, dass Sie auch eine Purpose Brand sind. Purpose Brands sind Marken, bei denen das soziale Problem, das die Marke löst, im Mittelpunkt der Vision und der Kernwerte steht, die dem Wunsch entspringen, die Welt ein Stück besser zu machen. 

Infolge der Pandemie scheint die gesellschaftliche Unterstützung reiner Profitmarken verstärkt zu schwinden. Immer mehr Marken und Markenorganisationen erkennen, dass sie Wirtschafts- und Wettbewerbsvorteile schaffen und gleichzeitig die ökonomischen und sozialen Bedingungen in ihrem Umfeld verbessern können, wodurch ein Mehrwert für alle Beteiligten entsteht. Viele Marken bewegen sich daher in Richtung der Profit-First Brands. 

„Für Marken, die auf verantwortungsvolle Weise ein fantastisches Produkt liefern, wird es immer einen Platz geben.“

Gleichzeitig stellen wir fest, dass philanthropische Impact-Only Brands ebenso wie Impact-First Brands zunehmend erkennen, wie wichtig es ist, ihre Markenorganisation auch auf der Grundlage von Geschäftsprinzipien aufzubauen und in diesem Sinne von kommerzielleren, gewinnorientierten Organisationen zu lernen und sich sogar in deren Richtung zu bewegen. Profit-First Brands sehen zunehmend die Notwendigkeit, die Grundsätze des Creating Shared Value Prinzips in ihre Geschäfts- und Markenstrategie einzubeziehen und damit mehr und mehr soziale Wirkung zu erzielen. Für Profit-First Brands ist es daher auch wichtiger, einen Markenzweck zu haben, der in der Gesellschaft verankert ist, genauso wie bei Impact-First Brands. 

Das bedeutet jedoch nicht, dass die Markenstrategie von Profit-First Brands allein auf sozialem Ehrgeiz beruhen kann. Ein klares Wertversprechen und eine unverwechselbare Markenpositionierung bleiben eine Voraussetzung für den langfristigen Geschäftserfolg von Profit-First Brands. Es gibt also immer noch einen Platz für Marken, die sich vielleicht nicht direkt darauf konzentrieren, einen Beitrag zu einer besseren Welt zu leisten, die aber auf verantwortungsvolle Art und Weise ein fantastisches Produkt liefern. 

Wir sehen, dass sich die verschiedenen Kategorien aufeinander zubewegen. Bei der Entwicklung einer Marken- und Unternehmensstrategie ist es jedoch unerlässlich, die Unterschiede zwischen den Kategorien zu verstehen und gemeinsam zu bestimmen, welche Art von Marke und Organisation Sie heute sind oder künftig sein wollen.